Kaugummi ist nicht mehr das, was er mal war
Wusstest du, dass ein Kaugummi aus Kunststoff besteht? Du kaust also im wahrsten Sinnde des Wortes auf „Gummi“! Dabei basiert der Grundstoff eines Kaugummis tatsächlich auf Erdöl. Hinzu kommen Aromen und Farbstoffe, nichts davon hat einen natürlichen Ursprung. Alles ist synthetisch und künstlich. Ich persönlich musste feststellen, dass ich für diese Erkenntnis relativ lange gebraucht habe. Anders als bei anderen Produkten habe ich so einen einfachen Kaugummi nie hinterfragt. Ich habe lediglich in der Zutatenliste darauf geachtet, dass er im Besten Falle echten Zucker enthält und auf keinen Fall Aspartam. Der Big Red Kaugummi war daher meist meine Wahl, da die Zutatenliste schön kurz und relativ harmlos aussieht. Den Begriff „Kaumasse“ hatte ich jedoch nie weiter infrage gestellt…
Dabei hat Kaugummi sehrwohl einen natürlichen Ursprung und wurde früher aus Baumsaft hergestellt – dem „Chicle“. Ähnlich dem Latex oder Kautschuk, die auch durch das anzapfen von Bäumen gewonnen werden. Das war vor ca. 150 Jahren. Seitdem hat sich einiges verändert. War der erste Kaugummi noch nicht einmal aromatisiert und schmeckte nach nichts, kamen bald darauf schon die Nächsten auf die Idee, dem Kaugummi Zucker hinzuzufügen. Echte Renner wurden dann die Wrigleys Kaugummis, die man noch heute kennt. Zu Anfang waren die bestimmt auch noch auf der Basis von Chicle, heute findet sich in den Zutaten davon sicher nichts mehr.
Kaugummi = in Plastik verpacktes Plastik
Ich muss mich wirklich wundern, wenn ich jetzt an Plastikdosen Kaugummis vorbeilaufe. Da wird tatsächlich in Plastik verpackter Kunststoff verkauft, den wir essen. Naja, jedes Kind weiß schon, dass man Kaugummis nicht runterschlucken sollte – aber mal ehrlich, wie viele hast du schon runtergeschluckt? Ich kann’s für mich nicht sagen, aber das ich welche runtergeschluckt habe, das weiß ich sicher. Und jetzt eine kleine Anekdote: Ein guter Freund noch mir kennt einen Gerichtsmediziner. Der hat wohl ein seltsames Hobby: er sammelt Kaugummis aus den Mägen und Därmen seiner Leichen. die er auf dem Tisch hat. Die werden nämlich laut dessen Aussage hart wie Stein, bleiben unverdaut und werden auch meist nicht mehr ausgeschieden.
Zum einen ziemlich skurril – zum anderen muss ich zugeben, dass ich meinem Freund diese Geschichte lange Zeit nicht abgekauft habe. Das war für mich so eine typische Geschichte für Kinder, damit sie ihre Kaugummis bloß nicht runterschlucken. Jetzt aber glaube ich es schon und alleine diese Vorstellung gibt mir schon zu denken. Da stimmen uns Bilder traurig, wenn Meerestiere an Unmengen Plastik verenden die ihre Mägen gefüllt haben. Und wir kauen freiwillig darauf herum und schlucken es am Ende auch noch runter. VERRÜCKT! Aber selbst wenn wir den Kaugummi noch nicht mal verschlucken, wie viel von diesem Gummi reibt sich beim Kauen mit der Zeit ab, was wir also quasi als „Mikroplastik“ runterschlucken? Ganz zu Schweigen von den vielen Unmengen an Kugummis die einfach so auf Straßen und Böden gespuckt werden.
Kaugummi trägt einen wesentlichen Teil zur Umweltverschmutzung durch Mikroplastik bei
Ein auf die Straße gespuckter Kaugummi erzeugt im Laufe der Zeit durch seinen Abrieb auch noch Mikroplastik. Dieser wird mit dem Regen in die Abwasserkanäle gespült. Wie wir mittlerweile wissen, können unsere Kläranlagen Mikroplastik nicht herausfiltern. So gelangt es von dort weiter in die Gewässer und Flüsse. Manches auch in die Meere und Meerestiere oder auch „nur“ die Wasserlebewesen unserer Flüsse und Seen. Außerdem fressen Vögel und andere, bodenlebende Tiere weggeworfene Kaugummis. Die füllen ihre Mägen ähnlich, wie wir es von den Meerestieren kennen und fürchten. Ich habe dazu schon einmal einen Blogbeitrag verfasst. Ihr braucht keine Angst davor haben, einen Meeresfisch zu essen und dabei Unmengen Plastik mit aufzunehmen. Der Anteil an Plastik in unseren Böden ist um das 10 bis 20fache höher!
Nun kann man meinen, dass so ein Kaugummi ja nun wirklich klein ist und die meisten davon doch brav im Mülleimer landen. Aber bei 14 000 Tonnen Kaugummi, die alleine in Deutschland verkauft und gekaut werden, sieht das schon wieder anders aus. Laut True Gum ist Kaugummi die zweithäufigste Art von Müll auf der Welt. Er generiert ungefähr 100,000 Tonnen globalen Müll im Jahr. Und wenn du das nächste mal durch die Strassen läuft kannst du dir ja zur Abwechslung den Spass erlauben und mitzählen, wie viele Kaugummi-Flatschen du auf auf deinem Weg entdeckst – du wirst dich wundern! Und wegmachen lassen sie sich genauso wenig. Die Strassenreinigung verzweifelt. Kehrmaschinen fegen sie nicht auf und wirklich hilfreich ist nur das vereisen und abspachteln oder die Bearbeitung mit Heißdampf. Beide Verfahren sind extrem Energieaufwändig und können auch nicht flächendeckend eingesetzt werden.
Gibt’s Alternativen? JA!
Glücklicherweise leben wir ja in einer Zeit des Bewusstwerdens und Umdenkens. Ich beobachte mit Freuden, wie viele tolle Start Ups mit ebenso tollen Ideen, Produkten und Grundsätzen wie Pilze aus dem Boden sprießen. Es ist ein Zurückkommen zu den Wurzeln und der Ursprünglichkeit. Eine Wiederentdeckung traditioneller Herstellungsweisen mit dem Ziel der Natürlichkeit und Echtheit der Produkte. Umweltschonend, Ressourcenschonend und nachhaltig. Auch der Kaugummi wurde neu entdeckt. Unternehmen wie das eben schon genannte True Gum, Chicza oder Forest Gum stellen nicht nur Kaugummis nach alter Weise aus Chicle her, sie süßen auch nicht mit Zucker sondern dem zahnfreundlichen Xylithol und auch die weiteren Inhaltsstoffe sind natürlich und allesamt biologisch abbaubar. Plastikfrei verpackt in Kartons runden diese Produkte ab und machen sie meiner Meinung nach durchgängig GUT!
So könnte man einen solchen Kaugummi auch mal herunterschlucken, er würde sicher verdaut. Auch das ausspucken in die Umwelt wäre mit einem solchen Kaugummi keine Umweltsünde, da sie biologisch abbaubar sind. Zum Vergleich: Ein „normaler“ Kaugummi besteht aus ca 95% Plastik aus der Gruppe der Thermoplasten. Ein erdölbasierter Kunststoff gleich welcher Art lässt sich biologisch nicht abbauen. Wir haben es hier also nicht nur mit einer Umweltverschmutzung zu Tun, sondern auch mit dem Verbrauch eines fossilen Rohstoffes, den wir doch in vielen anderen Lebensbereichen unbedingt vermeiden möchten.
Und noch eine kleine Anekdote…
Wir – und damit meine ich vor allem unsere Kinder – kauen hier seitdem die Kaugummis von True Gum. Es war schon eine kleine Umgewöhnung nötig, denn die Chicle basierten Kaugummis haben doch ein anderes Kaugefühl. Sie sind weicher und nicht so elastisch sondern eher klebrig. Unsere Tochter, die SuperBlasenKönigin im Haus kämpft seither mit Kaugummiresten um Mund, Kinn und Nase, wenn mal wieder eine Kaugummiblase unvorhergesehen platzt ;o) Aber wir nehmen das gerne in Kauf und ich kann Kaugummis jetzt auch wieder mit gutem Gewissen an die Kinder ausgeben.
Aber jetzt zur eigentlichen Geschichte: Unser Sohn hatte letztens wieder Geburtstag. Es stellte sich die Frage, was er in die Schule mitnehmen möchte. In Zeiten von Corona sind keine Kuchen erlaubt, nur einzeln Verpacktes wie Schokoriegel oder Bonbons. Das hatte ihn schon arg strapaziert, weil er sehr sensibel für das Thema Verpackungsmüll ist – wer hätte das gedacht?! Auch mag er Süßes und Schokolade wenig, bis dato nahm er immer gerne eine Rohkostplatte und Dips mit in die Schule. Das war jetzt aber leider auch nicht erlaubt. So haben wir erstmal gerätselt. Dann kam er grandioserweise auf die Idee, jedem Kind eine Packung True Gums mitbringen zu wollen weil die ja plastikfrei, umweltfreundlich und „gesund“ sind – oweia. Ich hab mal kurz hochgerechnet: 20 Kinder à 4 Euro… Nee, das geht nicht, zu teuer.
Zum guten Schluss möchte ich noch erwähnen, dass mich die Idee und der Weg, den die Gründer von True Gums gegangen sind, ganz besonders berührt. Er ist wahrhaftig und leidenschaftlich und mit ganz viel Enthusiasmus. Die vier Gründer von True Gum haben aus einer Idee heraus getüftelt, probiert und recherchiert. Nach etlichen hundert Rezepturversuchen in ihren eigenen Küchen haben sie endlich das Rezept gefunden, welches True Gum heute ausmacht. Die ersten Monate waren die Kaugummis sogar noch echte Handarbeit und ich möchte nicht wissen, wie viel Arbeit es für das Team wirklich war. Aber es hat sich gelohnt und True Gum ist zu einer Erfolgsstory geworden. Und ich glaube, von diesen Erfolgsstorys gibt es schon ganz viele und die braucht es auch, wenn wir die Welt verändern wollen. Also nur Mut für alle, die ihre Idee verwirklichen wollen, fangt an! Es ist an der Zeit!
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