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PALMöl – eine kritische Betrachtung

Was ist Palmöl und was macht es so wertvoll?

Palmöl und Palmkernöl wird aus den Früchten und Kernen der Ölpalme gewonnen. Die Ölpalme ist in Afrika heimisch, wird jedoch schon seit dem 18. Jhd. in Asien angebaut. Die Ölpalme ist mit der Kokospalme verwandt, jedoch ist sie um 4 bis 5 Mal so ertragreich, weshalb die erste Frage hiermit schon beantwortet ist: Ein Umstieg von Palmöl auf Kokosöl ist keine Alternative, um die Probleme des Plantagenanbaus und der damit verbundenen Abholzung des Regenwaldes zu lösen! Dazu aber später noch mehr…

Und weil die Ölpalme so ertragreich, ihr Öl so vielseitig verwendbar, lange haltbar, geschmacksneutral und hitzestabil ist, ist Palmöl die Nummer eins der industriell eingesetzten (Speise)Öle. Palmöl wird nicht nur in der Lebensmittelindustrie, sondern auch in der Kosmetik, dem Futtermittelbereich und dem Energiesektor verbraucht. Eine Hochleistungspflanze außer Konkurrenz, ganzjährig zu ernten in Intervallen von ein bis drei Wochen liefert sie bis zu sechs Mal mehr Öl als heimische Raps- oder Sonnenblumenfelder.

Die Ölpalme als (Klima)Killer

Palmöl steht seit einiger Zeit in Verruf – zurecht, wie ich finde – denn ihr Anbau ist im Großen und Ganzen alles andere als klimafreundlich, geschweige denn menschlich. Die Kritik hatte in der Vergangenheit vor allem die Kosmetik- und Lebensmittel Branche getroffen. Wer erinnert sich an die Greenpeace Aktionen gegen Nestlé? Bilder von Orang-Utans, die ihrer Heimat beraubt werden, weil ihr zuhause, der Regenwald für die Monokulturplantagen abgeholzt und abgebrannt wird, haben sich so in unser Hirn gebrannt. Werbung mit Begriffen wie „palmölfrei“ oder „ohne Palmöl“ zeigt seitdem seine Wirkung.

Und es stimmt, durch den seit Jahren ansteigenden Verbrauch von Palmöl und die hohe Nachfrage wird immer mehr Fläche für den Anbau benötigt. Die (Brand)Rodung des Regenwaldes und die dadurch resultierenden CO2 Emissionen, die Bedrohung der Artenvielfalt sowie die Menschenrechtsverletzungen lassen Palmöl echt bitter dastehen. Dabei muss vor allem beachtet werden, dass der Hauptteil der Palmölplantagen und den dafür verwendeten Flächen von Kleinbauern bewirtschaftet wird und nicht von Großkonzernen – auch wenn der Gesamtanteil an durch die Kleinbauern produziertem Palmöl weit unter der Hälfte liegt.

Wo steckt das meiste Palmöl drin?

Ich erwähnte ein paar Sätze vorher, dass aufgrund des schlechten Images von Palmöl gerade die Kosmetik Industrie einen sensiblen Umgang mit Palmöl gefunden hat. Viele Produkte wurden auf palmölfrei umgestellt oder Palmöl aus nachhaltigem und zertifiziertem Palmöl eingesetzt, Ich muss euch an dieser Stelle jedoch leider mitteilen, dass dieses Marktsegment Kosmetikindustrie den bei Weitem geringsten Anteil am Palmöl Verbrauch darstellt. Um es Mal einfach zu sagen: Gut die Hälfte des in Deutschland verarbeiteten Palmöls landete 2019 in der energetischen Nutzung und Wärmeerzeugung durch daraus synthetisierten Biodiesel – BÄMM!

Von der anderen Hälfte landen rund 20% in Lebensmitteln und 10% in Futtermitteln. Unter 10%  insgesamt liegt der Einsatz von Palmöl sowohl in der Chemie/ Pharmazie, als auch im Bereich der Wasch-, Pflege und Reinigungsmittel…! Diese Werte galten für den Verbrauch von Palmöl in Deutschland für das Jahr 2019. In diesem Jahr wurden insgesamt ca. 74 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Die EU (15%) ist nach Indien (19%) der zweitgrößte Abnehmer von Palmöl und dessen drittgrößter Verbraucher. Das machte 2013 einen Pro-Kopf-Verbrauch allein in Deutschland von 18,5kg aus – das ist mehr als der Durchschnitt im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten und mehr als das Doppelte des weltweiten Durchschnitts von 8,9 kg.

Wer erinnert sich noch an die Protestwelle zum Thema Biosprit aus Rapsöl?

Ich weiß, dass ich damals auf die Barrikaden gegangen bin, weil Ackerflächen in Deutschland bereitgestellt wurden, um Raps anzubauen – nicht für den Verzehr sondern als Rohstoff für Biodiesel. Und während damals viele Menschen aus Protest dazu den Biosprit boykottiert haben, schert sich heute niemand mehr darum. Biosprit an der Zapfsäule hat sich seit Jahren etabliert und ich will behaupten, es ist den meisten noch nicht Mal bewusst, dass der Biodiesel auf Palmöl fährt. Würde meinen, da fällt der Schokoriegel im Vergleich gar nicht ins Gewicht, geschweige denn die Gesichtscreme…! Dass in Deutschland das meiste Palmöl im Tank landet(e), liegt übrigens an der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Die besagt(e), dass bis 2020 im Verkehrssektor mindestens 10% der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen sollen. Aktuell hat sich diese Lage zum Glück geändert, weiter unten mehr dazu.

Schauen wir uns aber zuerst die nächsten beiden großen Brocken an. Das wären die Lebensmittel- und die Futtermittelindustrie. Und jetzt kommt was Spannendes: Sieht man auf die Zahlen, wie viel Prozent des eingesetzten Palmöls für die drei Bereiche Energie, Lebensmittel und Futtermittel aus nachhaltigem Anbau stammt, so würden wahrscheinlich die meisten drauf tippen, dass der Lebensmittelsektor vorne liegt und der Energiesektor weit hinten… Ich komme zurück zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie, in der die Ökobilanz eine wichtige Rolle spielt und vergebe 100% nachhaltig angebautes Palmöl für diesen Bereich! …WHAT?! Ja, richtig gelesen, denn durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss die gesamte Produktions- und Handelskette des Biosprit Lieferanten zertifiziert sein – sonst wäre es ja nicht nachhaltig sinnvoll *zwinkerzwinker*. Im Übrigen bildet der Lebensmittelsektor bezogen auf die Verwendung zertifizierten Palmöls hier eher das Schlusslicht…!

Was und wer zertifiziert den Ölpalmenanbau?

Es gibt mehrere Organisationen und Zertifizierungen, die sich für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Palmölproduktion einsetzen. Einige der bekanntesten sind:

Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO): Wurde 2004 auf Initiative des WWF gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, das Wachstum und die Verwendung von nachhaltigem Palmöl durch eine Reihe von ökologischen und sozialen Kriterien zu fördern. Die RSPO-Zertifizierung ist in der Branche weithin anerkannt, wurde aber auch kritisiert, weil die Standards nicht streng genug sind und Probleme wie Abholzung und die Rechte lokaler Gemeinschaften nicht angemessen berücksichtigt werden.

International Sustainability & Carbon Certification (ISCC): Der ISCC Standard wurde entwickelt, um die Einhaltung der Nachhaltigkeitsanforderungen der Europäischen Erneuerbare Energien Richtlinie (EU RED) sowie der Deutschen Biokraft- und Biostrom-Nachhaltigkeitsverordnungen nachzuweisen und kann auch für die Nachhaltigkeitszertifizierung in den Bereichen Nahrungs- und Futtermittel sowie der chemischen Industrie angewendet werden. Seit dem 14. September 2022 gibt es die überarbeitete Erneuerbare Energien Richtlinie EU RED III und schon die EU RED II schloss Palmöl aus der Förderung aus.

Proforest: Ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf die Beratung und technische Unterstützung von Unternehmen und Organisationen konzentriert, die sich für eine verantwortungsvolle Beschaffung von Rohstoffen einsetzen. Sie ist auch für ihre Zertifizierungssysteme wie RSPO, ISCC und Bonsucro bekannt.

-Green Palm: Ein Zertifizierungssystem, welches es Unternehmen ermöglicht, „Green Palm“-Zertifikate zu erwerben, um ihre Verwendung von nicht nachhaltigem Palmöl auszugleichen – ähnlich den Emissionszertifikaten. Das Zertifikat steht für eine bestimmte Menge an nachhaltigem Palmöl, das von einem zertifizierten Anbauer produziert wurde.

Palm Oil Innovation Group (POIG): Eine Gruppe von Unternehmen und Organisationen, die sich zusammengeschlossen haben, um strengere Standards für die nachhaltige Palmölproduktion zu entwickeln und zu fördern. Die POIG-Zertifizierung geht über die RSPO-Standards hinaus und umfasst strengere Anforderungen für den Schutz von Gebieten mit hohem Naturschutzwert, den Schutz der Rechte lokaler Gemeinschaften und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen.

Ist nachhaltig zertifiziertes Palmöl die Lösung?

Alle Organisationen verfolgen das Ziel eines nachhaltigen Anbaus der Ölpalme unter Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Aspekte. Durch einen konventionellen Anbau wird bekanntermaßen Regenwald gerodet und abgebrannt, um immer neue Plantagenflächen zu generieren. Extensive Landwirtschaft mit einem massiven Düngereinsatz laugt diese Flächen über die Jahre hinweg immer weiter aus, bis diese nicht weiter zu bewirtschaften sind und neue Flächen bereitgestellt werden müssen. Zudem steht Regenwald mitunter auf torfigen Böden, die durch die Rodung freigelegt und entwässert werden. Das ist eine zusätzliche CO2 Belastung zur ohnehin schon schlechten Klimabilanz des Ölpalmenanbaus. Je nach Lage werden indigene Völker aus ihrem Lebensraum verdrängt, abgesehen von der grundsätzlichen Zerstörung von Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Nicht zuletzt kämpfen Bauern und Agrarkonzerne dabei noch um Wasser und Flächen. 

Alle Organisationen zur Zertifizierung eines nachhaltigen Ölpalmenanbaus wollen diese Probleme angreifen und regulieren. Sie stehen vor allem vor der Schwierigkeit, die gesteckten Ziele, Richtlinien und Standards in der Praxis einzuhalten und zu kontrollieren. Zudem traten in der Vergangenheit immer wieder Fälle des Missbrauchs mit gefälschten Zertifikaten auf, was die Glaubwürdigkeit der Organisationen zusätzlich schwächt. Und Zertifizierung hin oder her – unser immenser und seit Jahren gestiegener Verbrauch von Palmöl hat bis jetzt soziale und ökologische Schäden in den Anbaugebieten angerichtet, die ohnedies nie in diesem Ausmaß entstanden wären. Regenwald wurde dafür abgeholzt, Existenzen vernichtet, Artenvielfalt und Lebensraum zerstört – irreparabel für lange Zeit.

Dilemma Palmöl

Ohne Frage ist Palmöl einer der wichtigsten Rohstoffe für verschiedenste Industriezweige. Problematisch zu sehen ist hier in erster Linie die stetig wachsende Nachfrage, die eine stetige Vergrößerung der Anbauflächen nach sich zieht. Vor allem unter dem Aspekt des konventionellen Anbaus, der nach der intensiven Landwirtschaft über mehrere Jahre ausgelaugte Böden hinterlässt und damit den Zwang, neue Flächen für die weitere Produktion zu roden. Ein ökologischer Bio-Anbau, der die bereits zur Verfügung stehenden Flächen vital und biodivers erhält, ist zumindest schon mal ein nachhaltiger Ansatz. Hier bieten die verschiedenen Zertifizierungsprogramme Lösungen an, die den Anbau sozialer, ökologischer und nachhaltiger gestalten.

Fakt ist, dass Palmöl nicht 1: 1 zu ersetzen ist. Palmöl hat seine Daseinsberechtigung und isoliert betrachtet ist die Ölpalme eine sehr wertvolle, weil ergiebige Nutzpflanze mit hervorragenden Eigenschaften. Einziger Nachteil ist meines Erachtens, dass sie nicht europäisch beheimatet ist und somit importiert werden muss – aber eben auch nur ein Nachteil, den sie mit vielen anderen Rohstoffen und Produkten teilt, die wir konsumieren. Alle anderen Nachteile, die ich hier beschrieben habe, können nicht der Pflanze zur Last gelegt werden, sondern sind allein menschengemacht – wie so viele andere menschengemachte Probleme…!

Vom Regen in die Traufe

Wie so oft ist es eine Wechselbeziehung zwischen Produzent und Verbraucher, die die Nachfrage zu einem Rohstoff oder Produkt mitbestimmt und damit auch dessen Preis, Marktfähigkeit und Produktionsgröße mit all ihren „Nebenwirkungen“. Die Abkehr von fossilen Ressourcen hin zu nachwachsenden hat der ganzen Thematik Palmöl sicher noch um ein Vielfaches mehr an Brisanz verliehen, zumindest wenn es um den Bereich der erneuerbaren Energien und Europa geht. Wie beschrieben wurde zumindest in Deutschland das meiste Palmöl in Energie umgewandelt. Als Beispiel: In Indonesien, einem Herkunftsland für Palmöl und zweitgrößtem weltweiten Verbraucher, wird dieses nach wie vor traditionell vor allem als Lebensmittel direkt verarbeitet bzw. genutzt.

Die „gute“ Nachricht ist, dass seit diesem Jahr (2023) der Einsatz von Palmöl für die Kraftstoffproduktion nicht mehr gefördert wird. Denn bislang konnten sich die Mineralölfirmen eine sogenannte Treibhausgasminderungsquote anrechnen lassen, wenn sie ihrem Kraftstoff Palmöl zugesetzt haben. Denn ENDLICH hat die Regierung eingesehen, dass Palmöl trotz aller Zertifikate und erfüllter Kriterien für das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine skandalöse Ökobilanz hat. Ich müsste es hier eigentlich nicht nochmal anführen, aber bitte schön: Bei der Verwendung von Palmöl als Biosprit wird wesentlich mehr CO2 erzeugt als eingespart, wer hätte das gedacht…!

Und was heißt das jetzt?

Naja, also zunächst einmal wird der Einsatz von Palmöl für die Biosprit Gewinnung nicht mehr gefördert. Das heißt aber nicht, dass er generell aus allem gestrichen und ersetzt wird. Alternativen müssen gefunden, bezahlbar und in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, um den Ersatz zu stellen. Wie gesagt, der Bedarf an Palmöl ist durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz in den letzten Jahren enorm gestiegen. Quoten müssen erfüllt und Ziele erreicht werden. Im Klartext bedeutet das, dass nach dem Gesetz der Treibhausgasminderungs-Quote zum einen ab diesem Jahr (2023) Palmöl aus der Anrechnung ausgeschlossen wird und bis 2030 dafür Reststoffe wie Gülle oder Stroh verwertet und angerechnet werden sollen, und zwar bis auf einen anteiligen Einsatz von 2,6%.

Ob Palmöl dadurch aus dem Energie Sektor verschwindet? Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran. Es gibt noch viele andere Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel in Blockheizkraftwerken, in denen auch zukünftig palmölhaltige Heizstoffe verbrannt werden. Palmöl ist einfach zu billig, ob nun gefördert oder nicht. Und auch der Einsatz von Altspeiseölen wird weiter gefördert – erst Mal nicht schlecht, jedoch müssen wir uns dessen bewusst sein, dass auch Speisefette zumeist palmölhaltig sind, und zwar in nicht unerheblichen Anteilen. Zu guter Letzt haben wir noch die geförderte Verwertung von tierischen Abfallstoffen – aufgepasst: Wo steckt auch jede Menge Palmöl drin? Ach ja, in Futtermitteln!!! Also auch hier haben wir über Umwege immer noch eine Palmölverwertung, die dazu führt, das Palmöl auch weiterhin intensiv gefördert wird.

Problem gelöst?

Würde Palmöl nur noch in den Bereichen Lebensmittel, Körperpflege und Reinigungsmittel sowie Pharmazie eingesetzt, hätten wir einen Bedarfsrückgang von weit über 50% für Deutschland. Das wäre schon mal ein guter Anfang, wenn das zum Einsatz kommende Palmöl dann auch noch aus ökologischem Bioanbau stammen würde. Wo aber soll unsere Bioenergie für den Kraftstoffsektor dann zukünftig herkommen? Die Gewinnung von Biosprit aus Abfall von Gülle oder Stroh, wie von der Politik gewünscht und gefördert, wirft momentan nur einen kleinen energetischen Anteil ab, der aktuell sicher nicht ausreichen wird. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die Rufe danach, Palmöl für die Energiegewinnung auszuschließen, schon seit Jahren laut sind. Die Politik hat aber erst 2021 die Gesetzesänderung beschlossen und für 2023 in Kraft treten lassen.

Was wir bereits wissen ist, dass unsere Flächen begrenzt sind und sowohl unsere stetig wachsende Weltbevölkerung ernähren als auch Rohstoffe zur Weiterverarbeitung liefern sollen, wie zum Beispiel daraus zu synthetisierende Biokunststoffe. Gepaart mit unserem Energiehunger, der ebenfalls immer weiter ansteigt, stehen wir tatsächlich vor dem Ressourcenproblem „Teller oder Tank“. Was wir aber auch wissen ist, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im Bereich der Solar- und Windkraftanlagen demgegenüber viel flächeneffizienter ist. Ich will hier jetzt nicht noch intensiv auf Vor- und Nachteile dieser Art Energiegewinnung eingehen, lassen wir es also einfach so stehen.

Was kannst du tun?

Ich kann hier wieder nur von mir sprechen und ich habe es mir schon lange Zeit angewöhnt, palmölhaltige Produkte zu meiden. Zunächst bezog sich das auf Inhaltsstoffe in Kosmetik, da mir der immense Palmöleinsatz in Lebensmitteln nicht bewusst war. Waschmittel und Kosmetik sind jedoch, im Vergleich zu anderen Einsatzgebieten von Palmöl, vernachlässigbar gering. Es gibt mittlerweile einige Ersatzprodukte, die zum Beispiel auf Basis von Kokosöl produziert werden, wie schon beschrieben ist die Lösung des Problems nicht der Ersatz von Palmöl mit anderen Ölen, denn es verschlimmbessert das Problem nicht selten. Zur Erinnerung, die Ölpalme ist viel ergiebiger als die Kokospalme. Es bräuchte als viel mehr Anbaufläche, wenn Palmöl durch Kokosöl ersetzt werden soll.

Ein größerer Hebel sind meiner Ansicht nach die palmölhaltigen Lebensmittel. Denn der beste Weg ist – auch meine Meinung – der größtmögliche Verzicht auf palmölhaltige Produkte. Da Palmöl vor allem in stark verarbeiteten Lebensmitteln und NICHT-Lebensmitteln wie Süßwaren steckt, stellt das zumindest mich vor keine großen Herausforderungen. Palmöl findet sich vor allem in Schokoladen Produkten und -Aufstrichen, in Margarine und Butterersatzprodukten, Gebäck, Keksen und Knabberartikeln, in Babynahrung, Fertiggerichten und Tütensuppen. Alles Dinge, die man nicht wirklich braucht, wenn man den Ansatz einer gesunden Ernährung verfolgt. Oder vielleicht auch nur nicht in den Mengen – das Maß aller Dinge ist der Schlüssel. Absolute Dogmen und Verbote helfen wenig, aber ein bewusster Umgang und den kann jede*r von uns pflegen.

Noch was zum Nachdenken

Es ist immer gut, über die Auswirkungen unseres Handelns nachzudenken. Am Beispiel Palmöl kann man jedoch sehr gut erkennen, dass eine einzelne Maßnahme das Problem nicht löst und schlimmstenfalls noch weiter verschärft – siehe Palmöl vs. Kokosöl. Jetzt will ich den Bogen noch etwas weiter spannen, um aufzuzeigen, wie weit man das Gedankenspiel treiben kann. Fall eins: tierische Produkte wie Butter, Joghurt oder Fleisch und Wurstwaren. Wie wir wissen, wird in stark verarbeiteten Lebensmitteln vermehrt Palmöl eingesetzt. Möchte ich das also zukünftig nicht mehr unterstützen, kaufe ich vielleicht keine Fertiggerichte mehr, sondern koche selbst. Dabei muss mir bewusst sein, dass auch die Tiere mit Palmöl gefüttert wurden, deren Erzeugnisse ich jetzt selbst verarbeite. Ja ich weiß, weit hergeholt und irgendwo muss man Grenzen ziehen, ich wollte es nur mal anmerken ;o)

Fall zwei, und den finde ich auch ganz spannend: Ich möchte nur noch Schokolade ohne Palmöl essen. Schokolade besteht zu einem Großteil aus Kakao und der Kakaobohnenanbau ist ebenfalls sowohl unter sozialen als auch ökologischen Aspekten äußerst kritisch zu betrachten! In diesem Falle ist meines Erachtens nach das Palmöl gar nicht das größte Problem. Aber wie viele machen sich um Kakao Gedanken? Vielleicht schreibe ich dazu auch mal einen Artikel, denn dieses Thema braucht ebenfalls viel mehr Aufmerksamkeit!

Und wie immer – der WA(H)RE WERT

Ich hoffe darauf und sehe es kommen, dass zukünftig alle Waren ihren wahren Preis tragen werden und dieser beinhaltet alle Kosten, die für dessen Produktion entstanden sind. Am Beispiel Palmöl wären das vor allem die Treibhausgasemissionen, die bei der Produktion von Palmöl anfallen. Zum einen durch die Rodung von Regenwald, denn der Regenwald speicherte viel mehr CO2 als die Ölpalme es kann, die an dieser Stelle daraufhin angebaut wurde. Wurde Regenwald für die Plantage auf Torfböden gerodet, fällt die Klimabilanz noch schlechter aus. Der wahre Preis von Palmöl müsste also um mind. 25% höher liegen.

Die Kosten, die durch den Verlust der Biodiversität und die sozialen Schäden, die durch die Verdrängung indigener Völker, die Missachtung der Landnutzungs- und Eigentumsrechte entstehen, sind darin noch nicht enthalten. Würden diese Werte mit einbezogen, dann würde der Preis für Palmöl noch weiter steigen. Ein viel höherer Preis würde den Attraktivitätsgrad von Palmöl schmälern und die Nachfrage senken. Tatsächlich jedoch sinkt der Preis auf dem Weltmarkt für Palmöl aufgrund der steigenden Nachfrage und der dadurch steigenden Produktionsmengen. Das belastet vor allem die Kleinbauern.

Zertifikate als Lösung aller Probleme?

Der Verkauf von Palmöl aus zertifiziertem Anbau ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Weiter oben hatte ich schon ein paar Organisationen genannt. Die Probleme liegen hier eher in der Tragweite der Richtlinien auf der einen Seite, sowie der Durchsetzbarkeit, Kontrolle und auch Leistbarkeit auf der anderen Seite. Schon allein die Tragweite im Sinne der maximalen Schutzmaßnahmen ist ein größeres Problem, denn viele Zertifizierungssysteme versuchen Umsetzbarkeit und Rentabilität in den Einklang zu bringen. So werden immer auch Abstriche gemacht, die den guten Ansatz schmälern.

Der RSPO zum Beispiel verbietet immer noch nicht die Trockenlegung von Torfböden für den Ölpalmenanbau, und gerade Torfböden sind die größten CO2 Speicher. Auch die Schwierigkeit, Kleinbauern zu zertifizieren aufgrund der Kosten und des Aufwands, macht die Zertifizierungssysteme so problematisch. Zudem sind vielen die Möglichkeiten zur Zertifizierung unbekannt, wo doch die Zertifikate ihr produziertes Palmöl aufwerten würde. Der ISCC Standard wiederum ist für den Energiesektor entwickelt und angepasst. Und auch das ist im Zusammenhang mit zertifiziertem Palmöl eine Vollkatastrophe! Denn durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss die gesamte Produktions- und Handelskette des Biosprit Lieferanten zertifiziert sein.

Was ich mir wünsche

Ich habe intensiv und lange für diesen Artikel recherchiert. Ich war oft überrascht, musste meine Meinung ein paar Mal überdenken und auch ändern und vor allem in viele weitere Richtungen schauen, wie zum Beispiel in den Energiesektor. Palmöl ist für sich genommen meiner Ansicht nach ein guter Rohstoff, dessen Anbau sinnvoll und wirtschaftlich ist. ABER er sollte viel strenger geregelt und kontrolliert werden, und zwar im Sinne des ökologischen Landbaus. Zudem sollte es gerechte Preisanpassungen geben, die die Nachfrage ebenfalls regulieren.

Palmöl darf auch nicht verteufelt werden. Es wurde zum Sinnbild des Schlechten und steht für die Zerstörung des Regenwaldes und den Klimawandel. Für mich eine Stigmatisierung, die nicht der Pflanze, sondern allein unserem Handeln zuzuschreiben ist.

Quellen: Bundeszentrum für Ernährung (bzfe.de), Quarks (quarks.de), Rettet den Regenwald e.V. (regenwald.org), FORUM Nachhaltiges Palmöl (forumpalmoel.org), Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt (albert-schweitzer-stiftung.de), Deutsche Umwelthilfe (duh.de), Oro Verde – die Tropenwaldstiftung (www.regenwald-schuetzen.org), Umweltbundesamt (www.umweltbundesamt.de)

Titelbild von Marija Zaric auf Unsplash

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