Insekten

INSEKTEN sterben!

Keine Bienen, keine Bestäubung, keine Pflanzen, keine Menschen

So in der Art soll Albert Einstein schon 1949 auf die lebensnotwendige Existenz von Insekten/ Bestäubern hingewiesen haben. Ich zumindest höre in der letzten Zeit immer öfter vom „Insektensterben“, wobei mir der Begriff auch vorher nicht fremd war. Und letztes Jahr durfte ich schon zweimal den Vortrag von Dr. Frauke Fischer zum Thema Biodiversität und Artensterben anhören. Sehr beeindruckend und auch sehr erschreckend!

Aber was mich jetzt aktuell noch Mal auf dieses Thema gestoßen hat, war unsere letzte längere Autofahrt (350km) an deren Ende glücklicherweise nur eine Handvoll toter Insekten auf der Windschutzscheibe stand. Irgendwie hatte mich das aber stutzig gemacht, weil aus meiner Erinnerung (zumindest aus meiner Kindheit) unser Auto nach der Fahrt in den Urlaub immer übersät war mit Blutspritzern und Resten von Insekten. Und da habe ich mich dann doch gefragt, ob das irgendwie damit zusammenhängt? Und tatsächlich ist es so – die 75% weniger Insekten im Vergleich zu 1989 (dazu später mehr) lassen sich auch an der Windschutzscheibe messen.

Warum sind Insekten so wichtig?

Ich glaube, diese Frage muss ich nicht wirklich beantworten, dass sollte allen klar sein. Aber dabei sollten wir nicht nur an die Bienen und den Honig denken (vor allem hinsichtlich der Tatsache, dass nicht die Honigbiene ein Problem hat, sondern die Wildbienen). Insekten leisten so viel mehr als nur die Bestäubung – auch wenn schon allein das für 90% der Pflanzen zutrifft, die sich nur durch die Bestäubung über Insekten fortpflanzen. Laut einer Schätzung des Weltbiodiversitätsrates IPBES beträgt der ökonomische Wert der Insekten allein in Deutschland 3,8 Milliarden Euro, in Europa 14 Milliarden und weltweit 577 Milliarden Euro pro Jahr.

Insekten leisten noch weit mehr für uns. Sie kümmern sich um die Beseitigung von Kot und Aas, sie sind an der Kompostierung beteiligt und sorgen für fruchtbare Böden. Und sie bilden das Fundament unserer Nahrungskette – sie stehen allein für 60% der in Deutschland heimischen Vogelarten auf dem Speiseplan, dazu kommen noch Fledermausarten, Amphibien und Reptilien. Und hier lässt sich das Gefüge schon erkennen. Der Rückgang der Insekten wirkt sich direkt auch auf den Rückgang anderer Tierarten aus.

Und warum werden es immer weniger Insekten?

2017 wurde eine groß angelegte Studie ausgewertet, die die Anzahl der Insekten seit 1989 beobachtet. Die Ergebnisse sind alarmierend: Innerhalb von 27 Jahren konnte ein Rückgang der Insekten von ca. 75% gemessen werden und jedes Jahr verlieren wir weitere 2,5%. Der Verlust zieht sich durch alle Arten in allen Regionen/ Biotopen und nicht nur auf dem offenen Land, sondern auch auf bewaldeten Flächen, wie langjährige Untersuchungen der TU Darmstadt und München jetzt gezeigt haben.

Gerade das auch die Zahlen der in Wäldern lebenden Insekten zurückgehen ist besorgniserregend. Denn während es für den Rückgang im Offenland deutliche Gründe gibt (dazu später mehr) lag der Wald als weniger extensiv bewirtschaftetes Ökosystem nicht so im Verdacht. Es scheint also, als wäre noch weit mehr im Busch, als wir derzeit erfassen können. Aber zurück zur Frage, warum es immer weniger Insekten gibt:

Intensive Landwirtschaft, Verdrängung, Lichtverschmutzung

Wie könnte es anders sein, ist vor allem Mensch für das Insektensterben verantwortlich. Der Einsatz von Herbiziden und  Pestiziden tötet die Insekten auf den Feldern oder beeinträchtigt ihren Orientierungssinn oder ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Die intensive Landwirtschaft und die großflächigen Monokulturen schränken den Lebensraum für wildlebende Tier- und Pflanzenarten immer weiter ein. Brach liegende Felder, Weiden und Wiesen, die der Nahrungsgrundlage dienen und Brut- und Rückzugsräume bieten, sind immer weniger zu finden. Diese Umstände sind die Hauptursache für das große Insektensterben.

Hinzu kommt, dass der grundsätzliche Verlust der Lebensräume – auch in Gärten und Randgebieten – immer weiter voranschreitet. In Deutschland werden täglich rund 55 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Das sind kurz gesagt ca. 78 Fußballfelder – PRO TAG! In den Städten haben es Insekten sowieso schwer – die nächtliche Beleuchtung zieht die Insekten an und lenkt sie in die tödliche Falle – entweder verbrennen sie am Leuchtmittel, oder aber sie umschwirren die LED so lange, bis sie vor Erschöpfung sterben/ von anderen Räubern gefressen werden.

Weltweit sind 40% aller Insektenarten vom Aussterben bedroht

Ich sag’s nicht so gern laut, weil ich es selbst gar nicht wahrhaben will, aber am Ende des Tages brauchen wir uns um den Plastikmüll in unseren Meeren keine großen Gedanken machen, auch der Klimawandel spielt nur eine untergeordnete Rolle bzw. spielt er dem Artensterben noch zu. Wenn wir es nüchtern betrachten, dann ist der Verlust der Biodiversität, das große Artensterben welches voll im Gange ist, unser größtes, existenzielles Problem dieser Zeit!

Dabei wissen wir ja noch nicht mal wo der Kipppunkt ist. Wir wissen nicht, wann ein Ökosystem kollabiert und wir wissen auch nicht, welche konkreten Auswirkungen es hat. Laut einem 2019 veröffentlichten UN-Bericht sind von geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf unserer Erde ca. eine Million vom Aussterben bedroht. Experten wie Dr. Frauke Fischer sprechen hier vom sechsten Massenaussterben in der Geschichte. Und wenn ich Frau Fischer zitieren darf: In Ihren Vorträgen spricht sie davon, dass das Aussterben der Dinosaurier im Vergleich zu dieser Periode kaum aufgefallen wäre, da sich das Aussterben der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren wohl über einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren hingezogen hat – jetzt passiert es in Jahrzenten.

Was bedeutet überhaupt „Artensterben“?

Tatsächlich sterben die wenigsten Arten einfach aus – bzw. starben sie, denn jetzt sterben sie ja wirklich. Im Grunde genommen sprechen wir eher von einer evolutionären Veränderung einer Art die dazu führt, dass vergangene „Modelle“ so nicht mehr existieren. Ein einfaches Beispiel, bleiben wir bei den Dinos: Viele „Dinos“ leben noch heute. Vögel zum Beispiel haben sich aus den Dinosauriern entwickelt. Der Archaeopteryx ist der sogenannte Urvogel – ihn gibt es nicht mehr, er ist „ausgestorben“ und lebt in seiner evolutionären Entwicklung weiter.

Andere Dinosaurier Arten sind tatsächlich ausgestorben. Ihre Linie endete vor vielen tausend Jahren und  wir kennen sie nur durch ihre fossilen Überreste. Jetzt aber sterben viele Arten aus, die eigentlich nicht aussterben müssten. Sie sind an ihr Ökosystem gut angepasst und könnten überleben, wenn ihr Lebensraum ausreichend vorhanden und geschützt wäre. Wenn wir ihn aber abbrennen, roden, vergiften und verseuchen, rotten wir diese lebendigen Arten damit einfach aus – so ist das! Und das macht Mensch mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 1000-mal schneller als normal und im großen Umfang. Deswegen sprechen wir hier von einem Massensterben.

Der Klimawandel als Verstärker

Ich hatte schon einmal über die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geschrieben. Um Mensch vor dem Aussterben zu bewahren – wenn ich das mal so krass sagen darf – müssen wir diese Ziele erreichen. Und mehr noch, wir müssen echt Gas geben. Und da kommt wieder die Biodiversität ins Spiel. Denn laut Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, werden 80% der dieser Ziele nicht erreichbar und das 1,5 Grad Ziel wird nicht zu halten sein, wenn wir das Artensterben nicht aufhalten.

Dabei ist der Klimawandel ein zusätzlicher Antreiber, denn durch ihn verschärfen sich die Lebensbedingungen in einzelnen Ökosystemen. Medial gesehen wird der Klimawandel derzeit als größtes Problem dargestellt. Er ist am ehesten sicht- und spürbar. Aktuell in diesen Tagen herrscht in Spanien und Portugal Rekordhitze und Trockenheit, welche als Folge des Klimawandels begründet wird. Ich sehe ihn dennoch nicht als größtes Problem – oder anders herum: wenn wir die Ökosysteme wieder reparieren im Sinne der Wiederherstellung und auch aufhören, immer weitere natürliche Flächen zu (brand)roden, in Siedlungsflächen, Verkehrsflächen oder landwirtschaftliche Flächen umzubauen, dann arbeiten wir allein durch diese Maßnahmen schon erheblich gegen den Klimawandel.

Leichter gesagt als getan?!

Ja, tatsächlich komme ich nun zum Ende meines Blog-Beitrages, ohne wirklich ein (gutes) Ergebnis skizzieren zu können.  Es tut mir Leid, wenn ich heute keine besseren Nachrichten für dich habe – außer die, die Hoffnung nicht aufzugeben und für die 17 Nachhaltigkeitsziele zu kämpfen! Und es ist nicht zu viel verlangt zu schauen, was ich selbst tun kann – zumindest für die Insekten. Regional einkaufen, einen insektenfreundlichen Garten oder Balkon gestalten, wenig oder gar kein Fleisch zu essen. Das alles hilft direkt oder indirekt den Insekten – und damit dem Erhalt der Artenvielfalt.

Klingt irgendwie verrückt, aber wir sollten uns schnellstens daran gewöhnen, mit unseren Entscheidungen, die wir treffen nicht nur unseren CO2 Fußabdruck im Auge zu behalten, unsere Käufe nicht nur von sozialen und ethischen Faktoren abhängig machen und unsere Ernährung nicht ausschließlich mit Blick auf die Haltungsform. Es gibt viel mehr, was unsere Aufmerksamkeit verdient, auch wenn es in den Medien (noch) nicht so prominent kommuniziert wird.

Quellen: Quellen: WWF (wwf.de), Peta (peta.de), Deutscher Bundestag (bundestag.de), Europäisches Parlament (europarl.europa.eu), Umweltbundesamt (umweltbundesamt.de), Die Debatte (die-debatte.org), Schweizer Portal für Natur- und Umweltschutz (naturschutz.ch), Bundesministerium für Bildung und Forschung (fona.de)

1 Kommentar zu “INSEKTEN sterben!

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