Bioplastik

BIO-Kunststoffe – die Lösung?

Das Plastik eines meiner größten und wichtigsten Themen darstellt mit denen ich mich auseinandersetze und versuche zu vermeiden, das ist mittlerweile sicher klar. Heute möchte ich über Bio-Kunststoffe sprechen und darüber, inwieweit sie eine gute Alternative zu erdölbasierten Kunststoffen darstellen. Dazu möchte ich erst einmal kurz erläutern, was ein Bio-Kunststoff im Gegensatz zu einem erdölbasierten Kunststoff ist. Die Herstellung ist nämlich im Prinzip so ziemlich dasselbe. Allein der Ausgangsrohstoff, aus dem der Kunststoff hergestellt wird, ist aus organischem, nachwachsenden Material.

Das kann zum Beispiel Mais, Zuckerrohr oder Zellulose sein, Weizen oder andere stärkehaltige Pflanzen. Klingt ja erstmal gut, und macht auch Sinn, wenn man sich das Wort Bioplastik auf der Zunge zergehen lässt. In Wahrheit besteht aber nicht jeder Bio-Kunststoff aus 100% nachwachsenden Rohstoffen und in Wahrheit ist auch ein Bio-Kunststoff ein synthetisch hergestellter Kunststoff. Das bedeutet auch, dass nicht jeder Bio-Kunststoff biologisch abbaubar ist. Und auch ein Bio-Kunststoff kann zu Teilen oder sogar vollständig aus Erdöl bestehen.

WHAT?

Ziemlich verwirrend alles, aber ich versuche das hier nach und nach aufzuklären. Zuerst möchte ich aber noch ein wenig mehr verwirren und aufklären darüber, dass auch erdölbasierte Kunststoffe biologisch abbaubar sein können. Denn dafür muss man sich im Hinterkopf behalten, dass die verschiedenen Kunststoffe daraufhin entwickelt wurden, um verschiedene Funktionen zu erfüllen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Biomüllbeutel, der in der Theorie kompostierbar ist, da er im feuchten Milieu nicht stabil bleibt. Hat jeder, der so ein Beutel schon mal benutzt hat bestimmt schon festgestellt, dass er bei nassen Biomüll eben nicht dicht hält. Leider ist es aber auch so, dass dieser Bio-Kunststoff sich nicht schnell genug in den Kompostieranlagen zersetzt. Denn er wurde natürlich daraufhin modifiziert dass er schon in der Lage ist, Biomüll für eine gewisse Zeit dicht zu lagern. Bedeutet gleichzeitig, dass er sich nicht so schnell zersetzt. Und da auch Kompostieranlagen gewinnbringende Unternehmen sind, bedeutet hier Zeit = Geld. Die Rottezeiten von ca. 80 Tagen (oder noch weniger) reichen nicht aus, um den Biomüllbeutel komplett zu zersetzen.

Wir können also schon mal grundsätzlich festhalten für jeglichen Kunststoff, dass er aufgrund verschiedener Anforderungsprofile konzipiert wurde. Zum Beispiel hitzestabil zu sein, wasserdampfdurchlässig oder eben wasserresistent und somit dicht haltend. Hinzukommen Fragen wie stabil oder flexibel, extrudierbar für z. B. die Herstellung von Folien, oder gießfähig bzw. tiefziehfähig um ihn nach dem Erkalten in einer festen Form zu erhalten.

Die verschiedenen Bio-Kunstoff Klassen

Um es jetzt nicht noch komplizierter zu machen, möchte ich Kunststoffe grundsätzlich in vier Klassen einteilen, ganz gleich, welche Eigenschaften sie haben.
Das wären

1. Bio-Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, die aber nicht biologisch abbaubar sind.

2. Bio-Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, die biologisch abbaubar sind.

3. Bio-Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen, die biologisch abbaubar sind.

4. Mischformen von Kunststoffen aus fossilen und nachwachsenden Rohstoffen.

Ist kompostierbar und biologisch abbaubar dasselbe?

Wie wir mit einer PET Flasche umzugehen haben, das wissen wir mittlerweile. Die gehört in den gelben Sack und sie wird im besten Falle recycelt. Jetzt könnte man ja annehmen, dass ein kompostierbarer Kunststoff demzufolge in den Bioabfall gehört, weil er ja kompostierbar ist. Leider geht diese Rechnung wie im Falle der Biomüllbeutel oben schon beschrieben nicht auf.

Kompostierbare Kunststoffe sind kompostierbar – ABER: das funktioniert keinesfalls auf dem eigenen Kompost und auch die Kompostieranlagen sind damit überfordert. Um einen kompostierbaren Kunststoff zu kompostieren, müssen verschiedene Faktoren gegeben sein. Das sind in der Hauptsache die Temperatur, der Druck und die Dauer. Auch die zum Einsatz kommenden Mikroorganismen und Bakterien spielen eine große Rolle. Die Kompostieranlagen bieten diese Voraussetzungen in der Regel nicht. Also auch wenn ein Kunststoff als kompostierbar gilt, gehört der nicht in den Bioabfall sondern, ja wohin denn dann? Typischerweise wird geraten, Bioplastik ebenfalls im gelben Sack zu entsorgen – jedoch hat auch das seine Tücken.

Der gelbe Sack als erweiterte Restmüllentsorgung

Wie wir alle wissen, wird nur ein Bruchteil dessen was im gelben Sack landet, auch wirklich recycelt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen wird im Vorfeld nicht ordentlich getrennt und die Sortieranlage sortiert dann das nicht recyclebare Material aus. Zum zweiten hat es zur Folge, dass die Schwemme an gelben Säcken, die sich durch allerlei Kunststoff, der gar nicht dort hinein gehört, gar nicht komplett verarbeiten lässt – die Kapazitäten der Recyclinganlagen reichen dafür nicht aus. Die Folge ist, dass ein Teil der gelben Säcke ungesehen direkt in die Verbrennungsanlagen überführt wird. Da wird also vorher noch nicht mal geschaut, was an recyclingfähigem Material überhaupt drin steckt.

Das Hauptproblem ist jedoch, dass die verschiedenen Arten von Bio-Kunststoffen in den meisten Anlagen noch gar nicht recycelt werden können, weil sie daraufhin nicht ausgelegt sind. Also wird auch dieser Bio-Kunststoff der Verbrennung zugeführt. Nur reine Bio-Kunststoffe, die gleich einem PET-Kunststoff aus erdölbasierten Rohstoff hergestellt sind, können mit diesem zusammen recycelt werden. Aber wie immer liegt hier die Tücke im Detail: biobasierter PET hat nicht dieselben Eigenschaften wie der erdölbasierte und mindert das gewonnene Recyclat zusätzlich, was die Wiederverwertbarkeit des entstandenen Recyclingmaterials in Zyklen gerechnet weiter verkürzt. Daher rate ich, wie bei vielen anderen Kunststoffen auch, sie lieber gleich direkt in den Restmüll zu geben. Wer den genauen Grund dafür erfahren möchte kann das HIER nachlesen.

Und was ist z. B. mit To go Bechern oder beschichtetem Papier?

Als Sinnbild sehe ich hier den Pappbecher To go für Kaffee. Wäre er zu 100% aus Papier hergestellt, würde er durchweichen. Er braucht also zwingend eine Innenbeschichtung, die den Kaffee im Becher hält. Diese Beschichtung kann entweder eine PET oder andere erdölbasierte Kunststoffbeschichtung sein, oder neuerdings z. B. auch eine PLA-Beschichtung. PLA ist ebenfalls ein synthetischer Polymer, der aber auf Basis von Maisstärke und Milchsäure hergestellt wird. PLA gilt als biologisch abbaubar und kompostierbar. Also den Becher jetzt zum Altpapier oder in den Bio-Müll oder wohin denn jetzt?

Auch für den Togo Becher gilt die allgemeine Empfehlung, diesen in den gelben Sack zu geben. Das ist auf jeden Fall schon mal besser, als ihn einfach irgendwohin zu werfen im Glauben, dass er sich in der Umwelt zersetzt. Das funktioniert nämlich nicht, wie wir ja schon festgestellt haben. Aber wie oben schon erwähnt, wird auch der To go Becher im gelben Sack nicht immer sicher recycelt. Also empfehle ich auch hier den Restmüll.

Bioplastik – die Biolüge?

Ja, tatsächlich sehe ich das schon ein Stück weit so an. Zumindest was das Recycling oder die biologische Abbaubarkeit betrifft. Hier möchte ich noch mal kurz den Unterschied erklären zwischen kompostierbar und (biologisch) abbaubar. Zunächst einmal bedeutet biologisch abbaubar, dass sich der Stoff in einem Zeitraum X in seine natürlichen, in der Natur vorkommenden Bestandteile zersetzt. Das sind vor allem Kohlenstoffdioxid und Wasser, unter sauerstofffreien Bedingungen wie in der Biogasanlage auch Methan. Ist er nicht biologisch abbaubar sondern nur abbaubar, dann bedeuted das im Klartext, dass er sich wie andere Kunststoffe in immer kleinere Teilchen – Mikroplastik – aufreibt und auch genauso in der Umwelt verbleibt. Das ist gleichbedeutend mit dem Hinweis: nicht biologisch abbaubar was ich mindestens genauso verwirrend wie falschaussagend finde. Denn wenn ich schon einen Bio-Kunststoff in den Händen halte, erwarte ich erstmal nur Gutes. Auch wenn er nicht biologisch abbaubar ist, gehen sicher die meisten davon aus, dass er trotzdem keinen weiteren Schaden anrichtet.

Kompostierbar im Gegensatz zu biologisch abbaubar bedeutet hingegen, dass dieser Prozess unter besonderen Umständen beschleunigt vonstatten gehen kann. Wie schon öfter erwähnt, zählen die meisten kompostierbaren Kunststoffe leider trotzdem nicht dazu, weil sie unter diesen besonderen Umständen in der Kompostieranlage eben nicht schnell genug zersetzen. Verbleiben sie dennoch in der Anlage, verunreinigen sie die daraus entstehenden Produkte wie Gartenerde oder Dünger durch ihre Restbestände. Im besten Fall werden sie noch vor der Kompostierung aussortiert und in die Müllverbrennung überführt. Das bedeutet letztendlich einen höheren Energieaufwand für diesen zusätzlichen Arbeitsschritt, den man sich mit dem direkten Weg über die Restmülltonne gespart hätte.

Nachwachsende vs. fossile Rohstoffe

Wir könnten trotzdem laut Hurra rufen, das es Bioplastik gibt, oder nicht? Sie bestehen ja aus nachwachsenden Rohstoffen und sind nicht erdölbasiert. Das bedeutet doch, dass sie auf jeden Fall umweltverträglicher weil aus nachwachsenden Material und in der Regel biologisch abbaubar sind! Ganz so einfach können wir es uns an dieser Stelle leider auch nicht machen. Und auch Bioplastik richtet Schaden an. Er kann genauso in die Umwelt und die Meere gelangen und dort verbleiben. Er ist genauso mit Zusatzstoffen und Druckfarben behandelt, die zusätzlich umweltschädlich wirken können. Er kann ebenfalls in Mikroplastikkleine Teilchen zerfallen, von Tieren gefressen und von Pflanzen über die Wurzeln aufgenommen werden.

Grundsätzlich ist es sowieso erstmal egal, aus welchem Ausgangsmaterial ein Kunststoff hergestellt wird, denn der Energieaufwand, der für die Herstellung eingesetzt wird, ist grundsätzlich derselbe. Es gibt in diesem Fall also auch keine CO2-Minderung. Dazu muss man beachten, dass nachwachsende Rohstoffe ja irgendwo wachsen müssen. Im besten Falle wird ein Bio-Kunststoff aus einem Abfallprodukt z. B. Maishäckseln hergestellt. Im schlimmsten Falle wird dafür aber Anbaufläche bereitgestellt und die Pflanze dort speziell für den Einsatz in Bio-Kunststoff angebaut. Da sie nicht für Lebensmittel angebaut wird, können dort auch Dünger und Pestizide ganz anders eingesetzt werden, um den Ertrag deutlich zu erhöhen. Das wiederum belastet die Böden und das Wasser. Und da sie nicht für den Anbau von Lebensmitteln verwendet wird, verringert sich die Anbaufläche für Lebensmittel dafür auch. Kleiner reminder: wer erinnert sich noch an den Eklat, als Raps für Biosprit angebaut wurde??

Die wichtigste Botschaft lautet daher

Es ist in jedem Falle richtig und wichtig, auf Plastik vor allem im Einwegbereich zu verzichten. Wenn Kunststoffe und Verbundstoffe entsorgt werden sollen, sollte peinlich genau darauf geachtet werden, wohin man sie gibt. Meine goldene Regel lautet bei Unsicherheiten: immer in den Restmüll! Das klingt hart, aber eine direkte thermische Verwertung hier bei uns in Deutschland ist immer noch besser als das Verschiffen von Plastikmüll in ferne Länder oder der unnötige Energieaufwand, der dafür betrieben wird, wenn Müll auf dem Wege zum Recycling oder in die Kompostieranlage im Nachgang noch aussortiert und der Müllverbrennung zugeführt werden muss.

Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Bioplastik grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung bedeutet. Nämlich erst einmal einen Schritt weg von fossilen, erdölbasierten Rohstoffen. Das ist wichtig, denn es öffnet die Tür für neues Denken. Auch wenn die Alternative noch nicht perfekt ist, ist sie ein wichtiger Zwischenschritt. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, wenn ich hier mal pamphletisch faseln darf. Was ich meine ist, das basierend auf den neuesten Innovationen im Bereich der Bio-Kunststoffe immer neue Ideen hinzukommen, die die bisherigen verbessern. Deswegen dürfen wir nicht immer alles verteufeln, was zwar besser aber noch nicht gut ist. Es ist einfach ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

*Beitragsbild von John Cameron on Unsplash

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