Ich habe mir vor (kurz überlegen ob ich das laut schreiben kann, sonst fühl‘ ich mich so alt…. okay, kann ich ;o) jetzt ca. 20 Jahren einen Sauerteig angesetzt. Mit meinem „Herrn Sauer“ backe ich seitdem Brot – unfassbar, aber das stimmt tatsächlich. Und ich meine damit nicht gelegentlich ! Anfangs habe ich für meine Eltern und mich gebacken und seit nunmehr über 10 Jahren nun backe ich das Brot für unsere eigene kleine Familie – jede Woche! Wir lieben dieses Brot – mal mit Körnern oder mit Molke statt Wasser angesetzt. Aber meistens doch pur – einfach wie es ist.
Ich wurde schon oft nach meinem Rezept gefragt. Da ich das verständlicherweise mittlerweile alles aus dem Ärmel schüttel, nichts mehr abwiege und abmesse, erschaffe ich mir jetzt mit diesem Beitrag für mich und euch mein Rezept zum nachbacken für immer. Dieses Mal also hab ich mitgewogen und hoffe, dass das Rezept für euch zum nachbacken taugt.
Vorbereitungen und was sonst noch wichtig ist
Ich lasse meinen Brotteig immer über Nacht gehen und backe am Vormittag. Das klappt natürlich nur wenn man da auch zu Hause ist. Ansonsten drehst du das Ganze einfach um – Morgens den Teig ansetzen, nachmittags fertig machen und abends backen. Sauerteigbrot braucht Zeit – wirklich Zeit. Wenn das in der Woche nicht passt, dann am Besten am Wochenende für die kommende Woche backen. Dafür hält Sauerteigbrot aber auch einige Zeit länger als ein schnelles Hefebrot. Wenn es nicht schon vorher gegessen ist, dann ist es auch noch Ende der Woche in Ordnung – wenn auch nur trockener. Ich friere deswegen immer die Hälfte ein und taue es Mitte der Woche wieder auf, dann ist es saftig und wie frisch gebacken.
Mein Grundrezept bezieht sich auf ein Kilogramm Mehl, wir sind zu fünft und da hat ein kastenformgroßes Brot nicht mehr lange gehalten. Aber für kleinere Brote lässt sich das Rezept einfach halbieren. Dann mahle ich hier ganzes Roggen- und Dinkelkorn in der Mühle und auch die Gewürze und das Salz lasse ich mit durch die Mühle laufen. Es gibt aber auch wunderbare Brotgewürzmischungen zu kaufen. Ich gebe hier im Rezept trotzdem meine Gewürze an und die (zumindest ungefähren) Mengen. Eine besondere Spezialität für uns ist Sauerteigbrot, dass ich mit Molke angesetzt habe anstelle Wasser. Die Molke bleibt beim Joghurt machen übrig und ist eine köstliche Verfeinerung im Brot.
Die Zutaten
Für den Vorteig
- 500gr Roggen (Mehl), gerne Vollkorn wer es mag
- Sauerteigansatz
- 500ml – 700ml Wasser (bei Vollkorn mehr Wasser, bei Auszugsmehl weniger)
- 8 – 10 Stunden an einem warmen Ort abgedeckt gehen lassen
Für den Brotteig
- 550gr Dinkel oder Weizenmehl
- ca. 200ml Wasser
- Brotgewürz (Kümmel, Kreuzkümmel, Koriander, Anis, Fenchel, Kardamon und Schwarzkümmel, jeweils ca. einen halben Teelöffel)
- 1 EL Salz
- 2 – 4 Stunden im ausgeschalteten Backofen gehen lassen
- Dann bei ca. 200° Ober- Unterhitze auf mittlerer Schiene ca. 1,5 Stunden backen, bei halbiertem Rezept ca. 1 Stunde
Los geht’s
500gr Roggenmehl werden mit dem Sauerteigansatz und 500 bis 700ml Wasser zu einem gut rührbaren Teig vermischt. Eher mehr Wasser bei Vollkornmehl da es mehr quillt und eher weniger Wasser bei hellem Mehl. Ich knete den Teig mit dem Knethaken in der Küchenmaschine. Es geht aber genauso gut per Hand mit dem Holzlöffel, so hab ich das früher auch immer gemacht. Der Teig sollte dann flott vom Löffel rutschen. Ein zuviel oder zuwenig an Wasser ist nicht schlimm. Wenn später das restliche Mehl dazugegeben wird kann man die Konsistenz noch ausgleichen.
Wer mit Molke oder Buttermilch backen möchte sollte sich vorher etwas Roggenmehl für den neuen Sauerteigansatz abnehmen, damit dieser nicht mit Molke oder Buttermilch in Berührung kommt. Dann lasse ich den Teig mit einem Geschirrtuch abgedeckt über Nacht zimmerwarm stehen – so ca. 8 – 10 Stunden, je nachdem wie fix ich morgens bin und Zeit habe, den Teig fertigzustellen. Ein, zwei Stunden mehr machen dem Teig nichts aus. Das Geschirrtuch ist im Sommer übrigens besonders wichtig denn die Fruchtfliegen stehen auch sehr auf Sauerteig…
Sauerteig mit Mehl und Gewürzen zubereiten
Spätestens jetzt, bevor ich die restlichen Zutaten zum Sauerteig gebe, nehme ich 2 – 3 Esslöffel vom Sauerteig ab. Diesen fülle ich wieder in mein Töpfchen und stelle ihn bis zum nächsten Mal verschlossen in den Kühlschrank. Dann kommt das restliche Mehl dazu. 550gr, denn ein bisschen Mehl ging ja vom Teig weg für den Ansatz. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, 200gr ganzen Dinkel mit den Gewürzen und einem Esslöffel groben Steinsalz zusammen in der Mühle zu mahlen. Dazu kommen dann noch 350gr helles Dinkelmehl. Wenn ich nur mit Vollkornmehl backe, dann wird der Teig sehr schwer und geht nicht ganz so schön auf.
Das gebe ich alles zum Sauerteig dazu und lasse es in der Maschine kneten. Auch diesen Teil habe ich früher mit dem Holzlöffel gemacht. Das ist schon mühsam, da der Teig nicht zu flüssig sein darf sonst bekommt das Brot einen „nassen Fuß“ und unter Umständen eine große Luftblase unter der schön gewölbten Kruste – immer eine böse Überraschung, wenn es so schick aufgegangen aus dem Ofen kam. Daher den Teig lieber etwas fester lassen. Wenn er zäh wie Kleister ist, dann ist er für mich perfekt (siehe das Bild vom fertigen Brotteig).
Und ab in die Form
Ich habe vor Jahren mal einen schönen Brottopf zur Aufbewahrung geschenkt bekommen. Er ist im Prinzip wie ein Römertopf, nur lasiert. In dem Topf backe ich mittlerweile auch unser Brot und das Schöne daran ist, dass ich zum Ende beim Backen den Deckel auflegen kann. Bei der großen Menge Teig backe ich schon einige Zeit, da macht das Abdecken Sinn damit die Kruste nicht zu dunkel wird. Mit einer kleinen Kastenform und kürzerer Backzeit braucht das Brot nicht abgedeckt werden. Die Form fette ich immer ein wenig ein damit das Brot später leicht aus der Form kommt. Blöd ist es vor allem, wenn das Brot am Boden angeklebt hat oder der Teig so weit aufgeht und über den Rand quillt – dann hilft nur das herausbrechen.
Der Teig kommt nun also in die Form. Ich steche mit dem Löffel noch ein paar Mal hinein. Muster in die Decke zu ritzen habe ich aufgegeben, die sind bei mir nach dem Backen meist nicht mehr zu sehen. Es hilft aber defintiv die Decke etwas einzuschneiden oder zu „zerwühlen“. Dann kann der Teig leichter aufgehen und muss nicht aus eigener Kraft die Decke aufbrechen. Am Besten den Löffel dazu vorher nass machen, dann bleibt der Teig nicht daran kleben. Zum Schluss bestäube ich das Brot noch mit Mehl, das sieht dann nach dem Backen hübscher aus und ich bilde mir auch ein, dass die Kruste so leckerer schmeckt.
Jetzt ab in den Ofen…
Aber Halt! nicht sofort drauflosbacken. Das Brot braucht jetzt noch mal ca. 2 – 4 Stunden zum aufgehen bevor es gebacken werden kann. Ich stelle es direkt in den Ofen, dann brauche ich es nicht mehr bewegen bis es fertig ist. Eine Schale mit Wasser stelle ich für die Feuchtigkeit mit dazu und lasse sie auch während des Backens drin stehen. Unglaublich aber WAHR: Das Wasser aus der Schale nutze ich später zum Blumengießen und meiner Meinung nach wirkt es wie Dünger – sollte ich es vielleicht auch mal selbst trinken…? Kleiner Spass, aber den Pflanzen tut es wirklich gut!
Jetzt heißt es hinschauen: Nicht jeder Tag ist gleich, wärmer, kälter, schwüler. Auch der Sauerteig ist nicht immer gleich gut drauf – es dauert mal länger oder kürzer bis das Brot gebacken werden kann. Was hilft ist, das Licht im Backofen einzuschalten. Die Lampe erzeugt genügend Wärme, das der Teig schneller aufgeht. Jetzt immer mal in den Ofen schauen, wenn der Teig bis kurz unter den Rand aufgegangen ist kann gebacken werden. Nichts ist doofer als der Moment, wenn der Teig über den Rand aufgeht, denn beim Backen geht es in den ersten Minuten noch weiter auf und blubbert weiter munter über den Rand. Eine große Sauerrei im Ofen und eine blöde Arbeit, das fertige Brot später aus der Form zu brechen.
… und backen, direkt aus dem kalten Ofen heraus!
So, das ist der schwierige Teil da ich ja in der großen Form und daher länger backe. Ich backe das Brot auf der untersten Schiene bei 210° Ober- Unterhitze für 1,5 Stunden. Ich habe aber auch einen schmalen Backofen und setze das Brot so tief, weil die Form mit Deckel sonst nicht reinpassen würde. Mit der Kastenform habe ich das Brot früher auf der mittleren Schiene wie Kuchen gebacken. Die Temperatur war bestimmt dieselbe und gebacken habe ich ca. 1 Stunde. Am Besten jetzt auf Sicht backen. Wenn die Kruste eine köstliche Farbe bekommen hat, dann kann man es schon mal herausnehmen und aus der Form auf das Rost stürzen.
Um herauszufinden ob das Brot wirklich gut durchgebacken ist kann man einfach mal anklopfen. Anklopfen? Ja wirklich, so, wie man an einer Tür anklopfen würde. Mit dem angewinkelten Zeigefinger an der Unterseite anklopfen. Hört sich das Brot hohl und tönend an, dann ist es fertig. Wenn es sich dumpf anhört, dann muss es noch mal zurück in den Ofen. Dazu braucht es aber nicht mehr in die Form. Es reicht vollkommen, es so auf dem Rost in den Ofen zu schieben und noch eine Weile zu backen. Als ich noch mit der Kastenform gebacken habe, habe ich es immer schon etwas früher aus der Form geholt und lose noch etwas weitergebacken. So bekam das Brot rundherum eine knusprige Kruste.
FERTIG!
Das hat hoffentlich bei dir mindestens genauso gut geklappt wie bei mir ;o) Jetzt soll das Brot nur noch abkühlen bevor es angeschnitten wird. Ist es zu warm dann hat sich der Brotteig noch nicht so gut verbunden und ausgebildet und das schöne Brot reisst beim Schneiden. Also noch etwas Geduld und das Brot am Besten auf dem Rost abkühlen lassen. Das Rost kannst du dafür gut schräg über das Spülbecken stellen, dann schwitzt es beim abkühlen nicht so sehr am Fuß.
Wenn dir das Brot backen genauso viel Spaß macht wie mir und zur Gewohnheit wird, dann kann man sein Grundrezept beliebig mit Körnern und Saaten verfeinern. Wir lieben zum Beispiel Sonnenblumenkerne und Leinsamen im Brot. Das werfe ich einfach Händevoll in den Teig, wenn ich auch das restliche Mehl und die Gewürze dazugebe. Jetzt bin ich gespannt auf deine Meinung. Schreib‘ mir gerne, auch wenn du noch einen Verbesserungsvorschlag oder Tipp hast – ich freue mich!
Zum Schluss noch ein paar Tipps und Tricks aus meiner Erfahrung
- Wer nicht so oft backt sollte – sobald der Vorteig angesetzt ist – von diesem einen Teil abnehmen (2-3 Esslöffel) und direkt zurück in den Kühlschrank stellen. Dann kann sich der Sauerteig über längere Zeit im Kühlen wieder ausbilden und übersäuert nicht so schnell. Wer oft backt, kann den Ansatz nach dem Gehen abnehmen bevor die restlichen Zutaten dazukommen, dann ist er schon recht vital für den nächsten Backgang.
- Ich spüle meinen Tontopf mit dem Ansatz nie aus. Falls ich mal vergessen haben sollte Ansatz abzunehmen kann ich mit den Resten im Topf und frischem Roggenmehl eine neue ausreichende Ansatzmenge anfüttern. Auch wenn ich mit Molke backe verrühre ich separat 2-3 Löffel Roggenmehl mit Wasser in meinem Töpfchen. Die Reste darin reichen vollkommen aus. Ich lasse das Töpfchen dann ebenfalls über Nacht in der Wärme stehen damit sich die Kulturen schnell nachbilden.
- Ich habe schon viel ausprobiert um den Sauerteig über längere Zeit zu lagern, zum Beispiel während wir im Urlaub waren. Einfrieren hat für mich nicht so gut funktioniert, danach hat der „Herr Sauer“ immer lange gebraucht, bis er wieder zur Höchstform aufgelaufen ist und die ersten gebackenen Brote waren echt schlecht aufgegangen. Am Besten funktioniert es für mich, wenn ich kurz vor Abreise noch ein letztes Mal backe und dann nur frisches Mehl mit Wasser im Töpfchen anrühre. Am kühlsten Platz im Kühlschrank unten an die Rückseite hält er es dann gut und gerne zwei bis drei Wochen aus. Das Brot friere ich dann für unsere Rückkehr ein, so bleibt mir noch Zeit, den Sauerteig bis zum nächsten Einsatz wieder fit zu machen. Nach dem Urlaub frische ich den Ansatz wieder auf. Dazu gebe ich das meiste vom Sauerteig weg und rühre wieder mit frischem Mehl und Wasser mit den Resten im Töpfchen an. Jetzt lasse ich ihn zimmerwarm stehen und sich erholen. Falls er dann nach maximal 24 Stunden immer noch nicht recht in Fahrt kommt wiederhole ich das Ganze noch mal. Spätestens jetzt sollte sich die Kultur wieder „eingelebt“ haben. Und keine Sorge, falls der Sauerteig nach der langen Zeit zuiemlich „fuselig“ riecht und sich auch Wasser abgesetzt hat. Es ist ein Zeichen dafür, dass er mit seiner „Arbeit“ so ziemlich fertig und die alkoholische Vergärung weit fortgeschritten ist.
- Ein Papier auf den Rost legen. Falls dann mal Brotteig überqillt hängt er zumindest nicht festgebackem im Rost sondern fällt auf das Papier.
- Noch ein paar Worte zum Brotgewürz. Wie schon erwähnt mahle ich ganze Gewürze einfach in der Mühle mit. Ich nehme dazu Kümmel, Kreuzkümmel, Koriander, Anis, Fenchel, Kardamon und Schwarzkümmel, jeweils ca. einen halben Teelöffel. Früher habe ich die Gewürze vorher noch in der Pfanne angeröstet um die Aromen noch mehr herauszuarbeiten. Diesen Aufwand betreibe ich aber schon lange nicht mehr und das Brot schmeckt auch so supergut.
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